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Münchner Merkur: Neuhauser legt sein „Zeitkind“ in vertraute Hände

Von P. Stäbler (Münchner Merkur/17.3.2017)

Ein halbes Jahrhundert lang hat Albert Neuhauser das Kulturleben in Garching geprägt – erst als Kirchenmusiker und Chorleiter und seit 2010 als Chef von Zeitkind. Nun hat sich der 72-Jährige von der Vereinsspitze zurückgezogen.

Garching – Wir schreiben das Jahr 1966, der Kirchenchor von St. Severin probt ein Proprium des Freisinger Domkapellmeisters Max Eham, das für die nahende Einweihung der neuen Pfarrkirche einstudiert wird – beim damaligen Chorleiter Max Feigl jedoch auf wenig Gegenliebe stößt. „Nicht sehr artgerecht“ sei er mit dem Stück umgegangen, urteilt Albert Neuhauser, damals Anfang 20 und Sänger des Chors. Also sei ihm in der Probe der Kragen geplatzt. „Das geht anders!, habe ich gerufen“, erinnert sich der gebürtige Garchinger, der – das ist in dem Zusammenhang nicht ganz unwichtig – viele Jahre lang Eham-Schüler in Freising gewesen ist. Man kann sich nun vorstellen, wie Max Feigl damals auf die Worte des aufmüpfigen Jungspunds reagiert hat. „Dann mach‘s halt du, hat er gesagt“, erzählt Albert Neuhauser. „Er ist dann gegangen, und ich bin geblieben.“

Es ist eine Anekdote ganz nach dem Geschmack von Albert Neuhauser, der infolge des Disputs nach der Kirchweihe 1967 die Chorleitung übernahm. Fortan prägte er das kulturelle Leben im Ort – auch nach seinem Rückzug als Chorleiter 2009. Denn schon im folgenden Jahr hob der pensionierte Lehrer den Musik- und Theaterverein Zeitkind aus der Taufe – benannt nach dem gleichnamigen Musical, das 1992 von Neuhauser und dem Severin-Chor im Garchinger Bürgerhaus uraufgeführt wurde.

Nun jedoch hat der 72-Jährige sein Baby in fremde Hände gelegt. Und gerade, wenn man bedenkt, wie Neuhauser selbst einst die Chorleitung übernahm, muss man sagen: Es ist eine reibungslose Übergabe gewesen. Wobei Neuhauser den Vorsitz eigentlich schon im Vorjahr abgeben wollte, doch damals fand sich kein Nachfolger. Also hängte er noch ein Jahr als kommissarischer Chef dran, und spätestens da sei allen voran den Mitgliedern des sehr aktiven Sprechtheaters klar geworden: „Wenn wir wollen, dass es weiter geht, müssen wir uns jetzt aus dem Fenster lehnen und Verantwortung übernehmen“, sagt Rolf Schönwald.

Rolf Schönwald wird Nachfolger

Der Ismaninger gehört seit Jahren dem Ensemble an und ist nun als neuer Vorsitzender und damit zum Neuhauser-Ersatz gewählt worden. Wobei der 55-Jährige diese Formulierung von sich weist: „Albert Neuhauser hat sich bei Zeitkind um alles gekümmert – von der musikalischen Leitung bis zum Besorgen des Waffeleisens bei Festen. Es wäre anmaßend zu sagen, dass ich seine Rolle übernehme.“ Worauf Neuhauser sogleich spitzbübisch bemerkt: „Du wirst schon noch sehen…“ Rolf Schönwald jedenfalls verweist auf seine Mitstreiterinnen im Vorstand: „Wir wollen die Arbeit auf mehrere Schultern verteilen.“ Pläne haben sie genug (siehe Kasten). Derweil will Albert Neuhauser zwar Zeitkind-Mitglied bleiben, aber seinem Nachfolger nicht reinreden, wie er betont. Warum er den Vorsitz überhaupt abgegeben hat? „Weil’s jetzt reicht“, sagt er lapidar. Erst auf Nachfrage räumt er ein: Ja, das Alter spüre er natürlich. Und, wohl genauso wichtig: „Es war auch die Müdigkeit, immer wieder gegen Windmühlen zu kämpfen“ – für seinen Verein und für dessen Projekte, aber auch für die Kultur in Garching, für deren Förderung und Anerkennung, fürs liebe Geld. Neuhauser: „Viele Freundschaften geschlossen.“

Den einen schönsten Moment habe es in all den Jahrzehnten als Chorleiter und mit Zeitkind ebenso wenig gegeben wie einen traurigsten Moment, sagt Neuhauser – und erzählt lieber eine Anekdote, die zeigt, wie nahe Freud und Leid oft zusammenliegen. So habe sein Chor 2008 beim Altstadtringfest in München das Musical „Feuerhex“ aufgeführt, unter freiem Himmel, vor prächtiger Kulisse. Doch so toll das Erlebnis auch war – als es nach der Vorstellung zu schütten begann, stand er alleine mit den durchnässten Kostümen auf der Bühne und musste seinen Bruder anrufen, damit der ihm zur Hand geht. „Es gab viele Freudenmomente und ein tolles Gemeinschaftsgefühl, das jedoch oft schon am Aufräumtag wieder vorbei war“, sagt Neuhauser. „Aber die positiven Dinge überwiegen – vor allem die vielen Freundschaften, die ich in der Zeit geschlossen habe.“